Workaround-Kultur: Die Suche nach dem Umweg
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Die Workaround-Kultur: Wenn „geheime“ Lösungen das Unternehmen ausbremsen
Hand aufs Herz: In jedem Unternehmen, ob Startup oder etablierter Konzern, gibt es Prozesse, die eigentlich das Rückgrat bilden sollten. Doch was passiert, wenn dieses Rückgrat brüchig wird? Wenn deine Kolleg*innen beginnen, kreative Umwege zu beschreiten, um eigentliche Herausforderungen zu umgehen, dann ist höchste Alarmbereitschaft angesagt! Diese sogenannten „Schattenlösungen“ oder, besser noch, die „Workaround-Kultur“, sind mehr als nur ein Symptom von Ineffizienz. Sie sind ein Indikator für tiefgreifende Probleme in der Entscheidungskultur und der Fähigkeit deines Unternehmens, angemessen auf Herausforderungen zu reagieren. Und seien wir ehrlich: Das ist meist kein gutes Zeichen.
Die Symptome: Woran du erkennst, dass es knirscht
Eine florierende Workaround-Kultur ist wie ein rotes Alarmsignal: Die offiziellen Prozesse sind das Papier nicht mehr wert, auf dem sie geschrieben stehen. Anstatt etablierte Systeme zu optimieren oder ineffiziente Abläufe zu verbessern, werden alternative Wege gesucht – oft mit unnötigem Aufwand und ohne das eigentliche Problem anzugehen. Diese „Notlösungen“ sind ein klarer Hilferuf, dass die offiziellen Routen entweder nicht funktionieren oder von deinen Mitarbeiter*innen als unzumutbar empfunden werden. Und das ist nicht nur lästig, sondern kann auch richtig teuer werden.
- Die Excel-Tabelle als heimliche Kommandozentrale: Ein Klassiker ist die selbst erstellte Excel-Tabelle, um einen Onboarding-Prozess zu umgehen, der sich wie ein Marathonlauf anfühlt. Anstatt den offiziellen Prozess zu überdenken, basteln sich die Kolleg*innen ihre eigene Lösung zusammen. Das Ergebnis: doppelte Arbeit, Chaos und das frustrierte Schulterzucken: "Wir haben uns ja schon daran gewöhnt." Klingt bekannt, nicht wahr?
- Der „inoffizielle“ Workflow: In manchen Teams wird ein eigener Workflow entwickelt, um interne Genehmigungsprozesse zu umgehen. Das kann von der Umgehung von Freigabeschritten bis zur direkten Kommunikation mit Entscheidungsträgern ohne die vorgesehenen Kanäle reichen. Solche inoffiziellen Workflows untergraben die offizielle Struktur und sind das genaue Gegenteil von dem, was du unter guter Führung verstehst.
- Die „geheimen“ Tools: Wenn offizielle Tools unzureichend sind oder nicht den Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen entsprechen, suchen sie sich oft Alternativen – manchmal sogar ohne dass das Management auch nur den Hauch einer Ahnung hat. Das Resultat ist eine Zersplitterung der Daten, erschwerte Zusammenarbeit und, nicht zu vergessen, Sicherheitsrisiken, die dich nachts wachhalten könnten.
Die Wurzel des Übels: Wo liegen die wahren Probleme?
Die Workaround-Kultur ist nur das Symptom. Die Ursachen liegen tiefer und sind oft unangenehm:
- Fehlendes Vertrauen in die Problemlösungskompetenz: Wenn deine Mitarbeiter*innen den Eindruck haben, dass ihre Anliegen ins Leere laufen oder die Unternehmensstrukturen so starr sind wie einbetonierte Gartenzwerge, dann nehmen sie die Sache selbst in die Hand. Dieses fehlende Vertrauen ist ein Gift, das Frustration und Demotivation hervorruft und die Arbeitsmoral in den Keller treibt. „Ich habe das Gefühl, dass es keinen Sinn macht, Anliegen anzubringen, da sich sowieso nichts ändert“, sagte mir eine Mitarbeiterin vor kurzem – ein klarer Hinweis auf ein fehlendes Vertrauen in die Problemlösungskompetenz des Unternehmens.
- Ineffiziente Prozesse und Systeme: Manchmal sind die offiziellen Prozesse einfach schlecht durchdacht oder sie passen nicht zu dem, was im Arbeitsalltag wirklich gebraucht wird. Lange Genehmigungswege, umständliche Software oder unklare Verantwortlichkeiten führen dazu, dass deine Leute lieber eigene Wege gehen. „Es dauert einfach zu lange, wenn wir den offiziellen Weg gehen“, ist ein Satz, der eigentlich ein Alarmsignal sein sollte.
- Mangelnde Kommunikation und Feedbackschleifen: Wenn deine Mitarbeiter*innen keine Möglichkeit haben, Feedback zu geben oder Verbesserungsvorschläge einzubringen, fühlen sie sich nicht gehört und nehmen das Heft selbst in die Hand. Die Entwicklung von Schattenlösungen ist dann ein stummer Hilferuf: „Hey, wir brauchen hier eine Veränderung!“
- Angst vor Konsequenzen: In manchen Unternehmen herrscht die Angst vor, Fehler einzugestehen oder auf Probleme hinzuweisen. Diese Angst kann dazu führen, dass Mitarbeitende lieber ineffiziente Workarounds entwickeln, als sich mit den eigentlichen Problemen auseinanderzusetzen. Eine toxische Kultur, die Innovation im Keim erstickt. „Bei uns wird nicht gerne über Fehler gesprochen, das könnte ja schlecht aussehen“, gestand ein Manager kürzlich.
- Der fehlende Entscheidungs-Puls: Entscheidungen sind das Lebenselixier eines jeden Unternehmens, der Puls, der den Rhythmus vorgibt. Wenn Entscheidungen auf sich warten lassen, falsch getroffen werden oder gar ganz ausbleiben, entsteht Verantwortungsdiffusion, entstehen in den Lücken alternative Realitäten, die Workarounds. Jede verzögerte Entscheidung ist ein Nährboden für Eigeninitiative – ob sie nun produktiv ist oder nicht. Die Konsequenz sind oft ineffiziente, parallele Systeme, die die eigentliche Struktur des Unternehmens unterwandern. "Wenn wir keine klaren Ansagen bekommen, müssen wir uns eben selbst behelfen", ist ein oft gehörter Satz, der die Problematik des mangelnden Entscheidungspuls verdeutlicht. Falsche Entscheidungen können ebenso schädlich sein. Sie signalisieren den Mitarbeitenden, dass die Führungsebene nicht in der Lage ist, angemessen auf Herausforderungen zu reagieren, und veranlassen sie, ihre eigenen Wege zu gehen. Die daraus entstehende Frustration und Demotivation sind der perfekte Nährboden für eine Workaround-Kultur.
Die positiven Signale: Die Chance, aus dem Schatten zu treten
Die gute Nachricht: Die Workaround-Kultur ist nicht nur ein Problem, sondern auch ein Geschenk! Sie ist ein Feedbacksignal, das dir zeigt, wo es hakt und wo Veränderungen dringend notwendig sind. Der erste Schritt ist, dieses Signal ernst zu nehmen und zu verstehen, was deine Mitarbeiter*innen wirklich brauchen.
Hier ein paar Schritte, mit denen du die Situation verbessern und eine Kultur der offenen Problemlösung fördern kannst:
- Hör deinen Leuten zu: Schaffe Kanäle, über die deine Mitarbeiter*innen Feedback geben und Vorschläge einbringen können – sei es durch regelmäßige Umfragen, offene Gesprächsrunden oder anonyme Feedbackboxen. „Wir möchten, dass sich jede*r gehört und wertgeschätzt fühlt“, sagt eine Teamleiterin, die erfolgreich eine Feedbackkultur in ihrem Bereich etabliert hat. Und das sollte auch dein Mantra sein.
- Analysiere die Workarounds: Finde heraus, warum diese Lösungen entstanden sind und welche Bedürfnisse sie erfüllen. Das gibt dir wertvolle Einblicke in die Schwachstellen deiner bestehenden Prozesse und Systeme. Betrachte sie als eine Art Kundenfeedback der internen Art.
- Entscheidungen transparent gestalten: Kommuniziere Entscheidungen offen und ehrlich. Erkläre, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden und wie sie sich auf die Arbeit der Mitarbeiter*innen auswirken. Biete Möglichkeiten für Rückfragen und Diskussionen. Je transparenter du agierst, desto eher werden deine Entscheidungen akzeptiert und desto weniger Raum bleibt für das Entstehen von Workarounds.
- Entscheidungskompetenzen delegieren: Gib deinen Mitarbeiter*innen mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenzen. Vertraue darauf, dass sie in ihren jeweiligen Bereichen die besten Entscheidungen treffen können. Das stärkt nicht nur ihr Engagement, sondern auch die Agilität des Unternehmens.
- Optimiere deine Prozesse: Arbeite mit deinen Mitarbeiter*innen zusammen, um ineffiziente Prozesse zu überarbeiten und zu optimieren. Beziehe die Nutzer*innen der Prozesse aktiv in die Gestaltung neuer Abläufe ein. Das fördert die Akzeptanz und verhindert, dass sich neue Workarounds entwickeln.
- Förder eine Kultur des Vertrauens: Schaffe eine Umgebung, in der deine Mitarbeiter*innen sich trauen, Fehler zuzugeben und auf Probleme hinzuweisen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. „Wir lernen aus unseren Fehlern und das ist ein wichtiger Teil unserer Entwicklung", sagt ein Geschäftsführer, der verstanden hat, dass Fehler Chancen sind.
- Schnelle Entscheidungen treffen: Schaffe Strukturen, die es ermöglichen, Entscheidungen schnell und effizient zu treffen. Vermeide langwierige Genehmigungsprozesse, die zu Frustration und der Entstehung von Workarounds führen können. Setze auf agile Methoden und fördere eine Kultur des schnellen Ausprobierens.
- Bleib flexibel: Nicht jede Richtlinie oder jeder Prozess ist in Stein gemeißelt. Sei offen für Anpassungen und Änderungen, wenn sich zeigt, dass eine Lösung nicht mehr zeitgemäß oder zielführend ist. Agilität ist das A und O, um auf die sich ständig ändernden Bedürfnisse reagieren zu können. Und wenn etwas nicht funktioniert, schmeiß es über Bord!
Fazit: Der erste Schritt aus dem Schatten
Die Workaround-Kultur ist ein Weckruf. Sie zeigt, dass es Zeit ist, einen ehrlichen Blick auf die bestehenden Entscheidungs- und Problemlösungsprozesse zu werfen. Indem du die Signale ernst nimmst, auf die Bedürfnisse deiner Mitarbeiter*innen eingehst und offen für Veränderungen bist, kannst du ein Umfeld schaffen, in dem offizielle Prozesse funktionieren und Workarounds überflüssig werden. Der erste Schritt ist oft der schwierigste, aber er ist entscheidend, um eine positive Veränderung zu bewirken. Also, worauf wartest du noch? Nimm ihn in Angriff, und lass dein Unternehmen aus dem Schatten treten!
Denn mal ehrlich, es ist doch besser, wenn deine Mitarbeiter*innen ihre Energie transparent in produktive Arbeit stecken, anstatt in „geheime“ Workarounds. Und dabei spielt die Qualität der Entscheidungen, die in deinem Unternehmen getroffen werden, eine zentrale Rolle. Sie sind der Puls des Unternehmens, das Fundament, auf dem alles aufgebaut ist. Wer Entscheidungen vernachlässigt, befeuert die Workaround-Kultur und setzt die eigene Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel.