Organisationsbegleitung - ein Résumé
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Vom Prototyp zur professionellen Softwareentwicklung: Ein Erfahrungsbericht aus dem Ruhrgebiet
Mein erster Kunde im Ruhrgebiet war ein aufstrebendes Startup aus Essen, das ich über einen Zeitraum von etwa neun Monaten intensiv begleiten durfte. Diese Zeit war geprägt von tiefgreifenden Veränderungen, strategischen Entscheidungen und der Herausforderung, ein Unternehmen auf dem Weg zur Skalierung zu unterstützen. Im Folgenden möchte ich einen Rückblick auf diese spannende Phase geben, die mir als Begleiter des Unternehmens wertvolle Einblicke ermöglichte.
Der Ausgangspunkt: Unsicherheit und der Ruf nach Professionalisierung
Nach dem erfolgreichen Launch der ersten Filiale und dem damit verbundenen Proof of Concept stand das Unternehmen vor einer entscheidenden Phase: der Skalierung. Die anfängliche Arbeitshypothese konzentrierte sich auf die Dokumentation der Prozesse und IT-Systeme, die für diese Wachstumsphase unerlässlich waren. Doch schnell wurde deutlich, dass die prototypische Implementierung der Online-Plattform und der Filialtechnik – insbesondere in einer regionalen Skalierung – zu fehleranfällig war. Dies führte zu einer grundlegenden Erkenntnis: Ein Modus- und Strategiewechsel in der Softwareentwicklung war unumgänglich. Der Übergang von einer agilen, aber unstrukturierten Entwicklung hin zu einer professionellen, stabilen und skalierbaren IT-Infrastruktur wurde zur zentralen Herausforderung. Es galt, die Stabilität und die Fähigkeit der IT-Systeme zur effektiven Weiterentwicklung nachhaltig zu gewährleisten.
Der Lösungsansatz: Agilität und Führung als Schlüssel zum Erfolg
Nach einer zweiwöchigen Kennenlernphase entwickelten wir einen agilen Ansatz, der darauf abzielte, regelmäßig neue Maßnahmen zu ergreifen, diese umzusetzen und deren Erfolg zu evaluieren. Dabei nahm ich situativ unterschiedliche Rollen ein: Interim Product Owner, Agile Coach, Berater und Stratege. Diese Rollenvielfalt ermöglichte es mir, auf die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens einzugehen und den Veränderungsprozess umfassend zu begleiten.
In der ersten Phase lag der Fokus darauf, ein Bewusstsein für den notwendigen Paradigmenwechsel zu schaffen. Neben der Übernahme operativer Aufgaben als IT Product Owner galt es, das Management und die Gesellschafter von der Notwendigkeit der Professionalisierung der Softwareentwicklung zu überzeugen. Dies umfasste:
- Strategische Beratung: Die Geschäftsführung wurde hinsichtlich der strategischen Ausrichtung und der Herangehensweisen in der Softwareentwicklung umfassend beraten. Es wurde deutlich gemacht, dass die Investition in Software und ein professionelles Softwareteam essenziell für die nachhaltige Skalierung des Unternehmens ist.
- Agiles Framework: Die Entscheidung für Scrum als Prozessframework war ein wesentlicher Schritt, um eine strukturierte und transparente Arbeitsweise zu etablieren. Scrum ermöglichte es, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und die Entwicklung in kurzen, iterativen Zyklen voranzutreiben.
- Externes Entwicklungsteam: Ein externes Entwicklungsteam wurde initiiert und die Zusammenarbeit vertraglich sauber ausgearbeitet. Diese Partnerschaft war entscheidend, um die notwendige Expertise und Kapazität für die Softwareentwicklung schnell aufzubauen.
- Teamentwicklung: Die neuen Mitarbeiter wurden in ihre Rollen eingearbeitet, Teambuilding-Maßnahmen durchgeführt und ein kontinuierlicher Prozess zur Teamentwicklung gestartet. Der Aufbau eines starken, kohärenten Teams, das eng zusammenarbeitet, war ein zentrales Anliegen.
- Kommunikationsstrukturen: Tools zur effektiven und effizienten Kommunikation wurden eingeführt. Dies umfasste sowohl den Einsatz von digitalen Kollaborationstools als auch die Etablierung klarer Kommunikationswege.
Parallel dazu wurden im Headquarter agile Prozesse eingeführt und eine entsprechende Haltung gefördert. Konkret wurden folgende Maßnahmen umgesetzt:
- Planungsmeetings und Retrospektiven: Effektive, gemeinsame Planungsmeetings und Retrospektiven wurden eingeführt und regelmäßig durchgeführt. Diese Formate ermöglichten es, kontinuierlich zu lernen, sich zu verbessern und die Prozesse an die Bedürfnisse des Unternehmens anzupassen.
- Quartalsbasierte Roadmap: Eine quartalsbasierte und zielorientierte Roadmap wurde entwickelt, die auf Fokussierung, dem MVP-Prinzip (Minimum Viable Product) und ersten Kennzahlen basierte. Die Roadmap diente als Leitfaden für die Entwicklung und sorgte für eine klare Ausrichtung der Aktivitäten.
- Rollendefinition: Die Rollen, Verantwortlichkeiten und Entscheidungskompetenzen wurden klar ausgearbeitet. Dies trug dazu bei, Klarheit im Team zu schaffen und Konflikte aufgrund unklarer Zuständigkeiten zu vermeiden.
Unser Vorgehen basierte auf dem Grundprinzip des Erfahrungsraums: Durch die Schaffung von Rahmenbedingungen, in denen die Mitarbeiter die Veränderung spüren und verstehen konnten, wurde ein nachhaltiger Wandel ermöglicht. Dabei wurde stets darauf geachtet, dass die Mitarbeiter regelmäßig ihre eigene Komfortzone verließen, ohne jedoch in Überforderung zu geraten. Dies war ein wesentlicher Faktor, um die Akzeptanz und das Engagement für den Veränderungsprozess zu fördern.
Die Herausforderungen des Übergangs und die Bedeutung von Wissenstransfer
Ein zentraler Aspekt der Transformation war der Übergang von einer Softwareentwicklung, die von einem externen CTO (einer Agentur) verantwortet wurde, zu einem internen Team, das nach Scrum arbeitete. Diese Übergangsphase barg mehrere Herausforderungen, die es zu bewältigen galt. Zum einen musste der Wissensverlust minimiert werden, der durch den Wechsel der Verantwortlichkeiten drohte. Zum anderen war es essenziell, die rechtlichen Aspekte der Zusammenarbeit mit der Agentur sauber zu regeln. In diesem Zusammenhang spielte die Einbindung eines Anwalts eine wichtige Rolle, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Der intern aufgebaute Product Owner begleitete diesen Prozess intensiv und sorgte für eine nahtlose Übernahme der Aufgaben.
Der Aufbau eines internen Softwareteams und die sukzessive Ablösung der Agentur war ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Professionalisierung. Dies erforderte nicht nur die Rekrutierung von qualifizierten Entwicklerinnen und Entwicklern, sondern auch die Etablierung einer Unternehmenskultur, die agile Arbeitsweisen und kontinuierliche Verbesserungsprozesse unterstützt.
Das Ergebnis: Eine solide Basis für nachhaltiges Wachstum
Getreu unserem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ zog ich mich nach etwa neun Monaten aus dem Startup zurück – mit dem Ergebnis, dass sich sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch das Unternehmen erfolgreich selbst weiterentwickeln konnten. Die von uns initiierten Veränderungen und Prozesse hatten eine solide Basis für das zukünftige Wachstum geschaffen:
- Produktstrategie: Eine bewährte und funktionierende Produktstrategie war entwickelt worden, die dem Unternehmen eine klare Ausrichtung für die zukünftige Produktentwicklung gab.
- Entwicklungsteam: Ein Entwicklungsteam war aufgebaut, die das Fundament für die zukünftige Softwareentwicklung legte.
- Skalierung: Die Technologie der Filialen konnte nun auf eine stabile Basis gestellt werden, wodurch ein reibungsloses Wachstum ermöglicht wird.
Durch diesen neuen, ganzheitlichen Ansatz konnte das IT-System mit dessen Prozessen gleichzeitig dokumentiert und somit das ursprüngliche Bedürfnis ebenfalls befriedigt werden. Die Transformation hatte somit nicht nur eine Professionalisierung der Softwareentwicklung ermöglicht, sondern auch die Grundlage für eine umfassende Dokumentation der IT-Infrastruktur geschaffen.
Diese 9 Monate waren eine intensive Zeit und mir sehr wichtig! Vielen Dank für die tolle und erfolgreiche Zeit bei und mit euch!