Workshop Moderation – Vier Erfolgsfaktoren

Workshop Moderation – Vier Erfolgsfaktoren

Evelyn Wolf
October 23, 2023 · 6 minutes read
Workshop Innovation Kreativität
Wer Workshops richtig angeht, erreicht mehr: intensive Mitarbeit, starke Ergebnisse, anhaltendes Engagement bei der Umsetzung. Wie das gelingt? Nach meiner Erfahrung sind vier Aspekte entscheidend für erfolgreiche Workshop Moderation.

Vier Faktoren gegen Workshop-Frust

Hand auf’s Herz: Wie oft habt ihr nach einem Meeting oder Workshop schon gedacht, da hätte mehr rauskommen können? Wir kennen das alle: Lange Beiträge von einigen, Zurückhaltung von anderen. Zähe Diskussionen, schwache Ergebnisse. Aber es geht auch anders, das habe ich inzwischen oft genug erlebt. Es sind vier Aspekte, die den Unterschied machen. Auftraggebende und Moderierende sollten diese im Blick behalten, schon bei der Auftragsklärung.
  1. Offenheit für's Ergebnis
  2. Breite Beteiligung
  3. Raum für Kreativität
  4. Angemessene Todos

1. Offenheit für's Ergebnis

Eigentlich ein No-Brainer. Aber glaubt mir, der Punkt ist praktisch relevant. Wer sich intensiv mit einer Problematik oder Thematik befasst - bei Workshops meist die auftraggebende Person - hat oft schon eine Lösung parat. Oder zumindest eine Vorstellung, in welche Richtung es gehen soll und welche Schritte dafür sinnvoll sind. Das ist menschlich - und absolut in Ordnung. Problematisch wird es nur, wenn der Workshop dazu dienen soll, solch ein antizipiertes Ergebnis zu bestätigen. Oder wenn der bzw. die Moderierende (unbewusst) in diese Richtung lenkt. Beides sind sichere Rezepte für Misserfolg. Zum einen, weil niemand die Rolle eines Lemmings mag. Rückzug oder / und Widerspruch sind vorprogrammiert. Zum anderen, weil ein expliziter oder impliziter Ergebniswunsch den Lösungsraum reduziert und wir die größte Chance verpassen, die ein Workshop bieten kann: das Wissen und die Sichtweisen aller Beteiligten zu nutzen, um neue Perspektiven und starke Lösungen zu entwickeln, die gemeinsam getragen und umgesetzt werden. Ergebnisoffenheit ist die Voraussetzung, damit das gelingt. Ich nenne diesen Punkt nicht zufällig an erster Stelle. Die vorschnelle Ergebnisfindung ist einer der häufigsten - oft unbewussten - strategischen Fehler in der Workshop Moderation.

2. Breite Beteiligung

Also: wir brauchen das Engagement von allen Teilnehmenden, den lauten und den leisen. Oft höre ich Bedenken: "Sie müssen damit rechnen, dass viele nichts sagen werden...". Erlebt habe ich das noch nie. Die erste Voraussetzung ist Ergebnisoffenheit, das hatten wir schon. Alles weitere ist eine Frage der Methodik. Je nach Thema, Team und Setting gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, eine breite Beteiligung beim Workshop zu erreichen. Gleich der Einstieg lässt sich in entsprechend gestalten. Studien zeigen deutlich, dass wer einmal gesprochen hat, mit viel höherer Wahrscheinlichkeit wieder sprechen wird. Also sollte sich jede und jeder anfangs kurz äußern, (fast) egal wozu. Das muss keine klassische - meist langweilige - Vorstellungsrunde sein. Es reicht ein Detail, z.B. wie lang die Anreise war, ob es Kaffee oder Tee zum Frühstück gab, was-auch-immer. Und wenn doch eine Vorstellungsrunde geplant ist - wofür es oft gute Gründe gibt - dann wird es spannender und aktiver, wenn die Teilnehmenden jeweils ihre Nachbarn statt sich selbst vorstellen.
In der inhaltlichen Arbeit gelingt ein breite und ehrliche Beteiligung am besten, wenn Diskussionen in großer Runde auf ein absolutes Minimum beschränkt werden. In der Gruppe tendieren wir dazu, unsere persönliche Sicht zurückzunehmen - insbesondere dann, wenn sie nicht der vorherrschende Meinung entspricht. Auch dazu gibt es reichlich Studien. Menschen äußern sich ehrlicher und engagierter in kleinen Gruppen oder / und, wenn sie ihre Gedanken zunächst allein für sich notiert haben. Das lässt sich im Workshop einfach realisieren. Es braucht nur gute Vorbereitung: ein didaktisches Konzept, klare Fragen und Zeitvorgaben. Eine gute Inspiration bietet u.a. der Methodenpool "Liberating Structures", der öffentlich zugänglich ist. (Link unten)
Ein "Königsweg" zur aktiven Teilnahme ist die Lego® Serious Play®-Methode. Die Teilnehmenden bringen auf spielerische Weise ihre Ansichten in haptischer Form auf den Tisch, was oft überraschende Einsichten und ein neues Verständnis für die Perspektiven anderer bringt. Im ersten Schritt entstehen individuelle Modelle, im zweiten werden diese zu gemeinsamen Sichtweisen zusammengeführt. D.h. Beteiligung ist im Prozess verankert. (Link ebenfalls unten)

3. Raum für Kreativität

Wirklich begeistert sind Teilnehmende von der Workshop Moderation, wenn sie Ergebnisse erzielen, die ihre eigenen Erwartungen übertreffen. Wenn sie Lösungsmöglichkeiten finden, die sie überhaupt nicht auf dem Schirm hatten. Wie das gelingt? Ihr ahnt es schon: die erste Voraussetzung ist Ergebnisoffenheit, die zweite eine breite Beteiligung und die dritte: eine Workshop Moderation, die Teilnehmende dazu animiert, übliche Denkmuster zu durchbrechen. Dafür braucht man weder Seifenblasen noch Konfetti. Im Gegenteil: es funktioniert am besten mit strukturierten Methoden, die mit gut gewählten Triggern das Denken in ungewohnte Bahnen lenken. Eine Möglichkeit ist die ASIT®-Methode, kurz für Advanced Systematic Inventive Thinking, mein persönlicher Favorit unter den Kreativitätstechniken. Sie hilft den Teilnehmenden, all ihr Wissen und die vorhandenen Ressourcen neu zu ordnen und kreativ zu nutzen. Auf diese Weise eröffnen wir einen Lösungsraum, der weit über den hinaus geht, den wir mit altgewohnten Denk- und Diskussionsweisen erschließen können.

4. Angemessene Todos

Kein Workshop ohne Vereinbarung nächster Schritte. So weit, so klar. Nur was meint "angemessen"? Es bezieht sich auf die Erfahrung, dass wir allzu gern in klassischer Form planen - egal, worum es geht. Dabei gibt es Dinge, die man planen kann, und solche, die man probieren muss. Nur wenn wir uns klar machen, womit wir es zu tun haben, können wir angemessene nächste Schritte entwickeln. Eine hilfreiche Frage ist, ob wir die Aufgabe mit vorhersehbarem Ergebnis lösen können, wenn wir genügend Daten und Wissen haben (und diese auch besorgen können). Trifft das zu, lässt sich sinnvoll in klassischer Form planen. Ein Beispiel ist die Umsetzung technischer Neuerungen. Haben wir hingegen eine Aufgabe vor uns, bei dem das Ergebnis viele unterschiedliche Formen annehmen kann, und Fachwissen nur bedingt weiterhilft, müssen wir probieren. Beispiele sind Veränderungen der Organisationskultur oder Kundenwahrnehmung. Statt "durchzuplanen", sollten wir mehrere unterschiedliche Testaktionen entwerfen und parallel probieren. Jede sollte plausibel, überschaubar und unkritisch sein, auch im Falle eines Flops. So, dass man maximal daraus lernen kann, egal, wie's ausgeht. Wenn es gelingt, auf diese Weise angemessene nächste Schritte zu vereinbaren, ist der Grundstein für eine erfolgreiche Umsetzung nach dem Workshop gelegt.

Erfolgreiche Workshop Moderation

Also, es geht: Mit der richtigen Moderation lässt sich sehr viel aus einem Workshop rausholen. Traut euch ran! Sorgt von Anfang an für Ergebnisoffenheit bei den wichtigsten Stakeholdern, wählt Methoden, die eine aktive Beteiligung stimulieren, wagt es, gewohnte Denk- und Diskussionsmuster zur durchbrechen und schafft eine solide Basis für die Umsetzung, indem ihr angemessene Todos vereinbart. Das klappt!

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Foto: Sable Flow on Unsplash